W(u/a)nderbares St. Helena Inselrundreise zur Sandy Bay

Am nächsten Tag hole ich unseren voraus gebuchten Leihwagen ab. Auf dem Weg dorthin treffe ich Leonardo und Graziella. Da ich schon spät dran bin, muss ich mich leider kurz halten bei unserer Unterhaltung. Ich verspreche aber, dass ich nicht vergessen habe, die Fotos vom Whalesharking zu senden, nur noch nicht die Zeit dazu war. Die Mailadresse habe ich mir bei Anthony aber schon abgeholt. Die Bilder habe ich dann auch wirklich noch gesendet, bevor wir wieder los gesegelt sind. Und unser Mailverkehr hat noch lange darüber hinaus angehalten; Freunde gefunden!

Leihautos sind hier so eine eigene Sache. Die werden von privat vergeben. Manche Leute lassen sich in ein Register eintragen und werden dann bei Bedarf vom Tourismusbüro durchgerufen. Der Zustand der Autos entspricht auch nicht unbedingt jenem, mit dem man bei uns ein neues Pickerl bekommen würde, aber das ist halt so. Im Übrigen kommen die Autos hier fast ausschließlich aus England (Rechtslenker) und werden natürlich per Schiff angeliefert. Die Transportkosten belaufen sich auf etwa 5.000.- EUR je Auto.

Wir bekommen einen Ford Focus von Duncan. Er kostet 20.- Pfund pro Tag plus Sprit. Wir haben das Auto für 2 Tage gebucht. Ich hab auch gleich mal alle Kratzer rundherum fotografiert. Bei der Rückgabe hat sich das Auto dann aber ohnehin niemand angesehen.

Reiner und ich machen uns nach dem Obst- und Gemüseeinkauf als erstes daran, unser Code-0-Segel vom Segelmacher abzuholen. Wir haben das Segel vor ein paar Tagen aus der Segelkiste geholt, mit Süßwasser abgewaschen, zum Trocknen aufgehängt, in eine große Segeltasche gepackt und es dann zur örtlichen Segelmacherin gebracht. Alle kennen sie hier unter ihrem Vornamen WANDA.

Das Segel bzw. dessen Risse wurden genauestens inspiziert und Wanda sagte uns zu, das beste daraus zu machen und ihr Mann Alton und deren Tochter Bianca würden ihr dabei behilflich sein. Wegen der unhandlichen Größe des Segels und der Länge der Risse wurde ein Preis von „bis zu max.“ 150 Pfund vereinbart.

Beim Haus von Wanda angekommen, erwartet uns Alton schon. Das Segel ist schon in der Tasche verstaut, aber wir packen es natürlich nochmal aus, um uns von der Arbeit ein Bild zu machen.

Als Reiner das Flickwerk am Segel sieht, wird er stumm und nachdenklich. Mit kleineren und größeren Segeltüchern ist zwar über die Risse genäht worden, aber in Blasen. Sprich, das über die Risse genähte Tuch ist größer und übernimmt daher keine Spannung vom ursprünglichen Segeltuch. Obwohl die Lastfäden unbeschädigt sind, können die Risse dennoch größer werden. Nach gefühlten 2 Minuten sagt Reiner dann zu Alton ganz ruhig, dass die Arbeit unbrauchbar sei. Nun müsse er das alles wieder auftrennen und neu vernähen, zudem sei über den Rissen kein Klebeband verwendet worden und die Nähte seien auch nur einfach anstatt mindestens doppelt ausgeführt.

Alton versteht das gar nicht. Das Loch ist doch zu und er erklärt uns mehrfach, dass man die Segler immer schon mit dem besten, das man eben könne, unterstützt hat, und auch hier habe man das best mögliche gemacht. Alton will zudem die als „maximal“ vereinbarten 150 Pfund dafür haben. Reiner will die Reparatur so nicht bezahlen und Alton will das Segel nicht herausgeben ohne Bezahlung. Nach einigem hin und her mische ich mich ein und versuche einen Konsens zu finden. Letztendlich bezahlt Reiner sehr widerwillig 130 Pfund und Alton gibt das Segel heraus. Ein unschönes Erlebnis, aber genau so ist es halt gewesen.

Anmerkung: So ein kleines bisschen werde ich das Gefühl nicht los, dass sich auf der Insel ein paar getarnte Treckies unter falschem Namen versteckt halten. Die Segelmacher hießen ABIWAN und der Port Captain: Port Captain of JamesTown, Steve Kirk. Na, das lässt doch einige Schlüsse zu.

Wir bringen das Segel zurück zum Schiff und fahren dann alle drei zusammen los, um die Insel zu erkunden. Zuerst geht’s mal rüber in die Nachbarbucht zu Adrian, wo wir bekannter weise mal wieder vertröstet wurden und anschließend sind wir die neue 2-spurige Straße in Richtung Flughafen gefahren. Gefahren bin übrigens ich, was ich aber spätestens an der Straße zur Sandy Bay hinunter bereut habe.

Als erstes halten wir an einem Rastplatz im Norden von St. Helena und fühlen uns anhand der Landschaft in eine Wüste versetzt.

Als nächstes steuern wir die Meteorologische Station von St. Helena an, in der Hoffnung dort Auskunft über das vor uns liegende Wetter zu bekommen, wollen wir doch am Montag schon weiter segeln. Die Station steht offen, und wir gehen hinein. Drin sitzt Berry, der uns willkommen heißt, uns bereitwillig seine Station zeigt und erklärt, welche Art von Sendern er an seine Wetterballone hängt, die er täglich in die Stratosphäre schickt.

Ein paar Minuten später kommt sein Kollege in den Raum. Ein sehr stattlicher Herr, der „Huggybear“ genannt wird. So ein Name muss ergründet werden und Huggybear gibt mit einem breiten Lächeln auch bereitwillig Auskunft. Er ist nebenberuflich DJ und veranstaltet auch Kinderdiscos. Bei so einer Kinderdisco dürfen sich die Kleinen natürlich auch Lieder wünschen und auf Huggybears Discs drehen. Dazu nimmt er sie hoch und viele von den Kindern bedanken sich, indem sie ihn drücken. Das hat einer Mutter mal so gut gefallen, dass sie ihn Huggybear nannte. Das sprach sich herum und seither kennt ihn die ganze Insel nur noch unter seinem Synonym.

Das bevorstehende Wetter können uns die beiden aber trotz bereitwilliger Auskünfte dennoch nicht verraten, da sie hier nur die Daten sammeln und diese dann von verschiedenen Stationen (z.B. vom Flughafen) verarbeitet werden.

Es ist schon 12:15 Uhr als wir die Wetterstation verlassen. Um 13:00 Uhr wird der Flieger aus Kapstadt erwartet. Aber wir sind schon ziemlich nahe am Flughafen (das ist man auf der Insel ja immer) und suchen uns einen guten Aussichtspunkt. Den haben wir dann auch gefunden und sind noch ein paar Schritte zu Fuß gelaufen. Dort treffen wir dann Shane, der auf dem Auto sitzt und auch Richtung Flughafen schaut. Er und sein Vater Barry kommen öfter hier raus (so durchschnittlich 1x pro Woche 😊), wenn die Flugzeuge ankommen. Shane sagt, sein Vater wisse quasi alles über den Flughafen und so gehe ich noch ein paar Schritte weiter und geselle mich zu Barry.

Während wir auf das Flugzeug warten erzählt er uns dann einige Geschichten und unter anderem jene, von dem Mann, der hier gegenüber auf den Felsen wohnte und seine Frau in den Himmel schickte. Er sitzt seither für den Rest seines Lebens im Gefängnis, das gleich neben der Kirche in Jamestown ist.

Dann zeigt er mit der Hand Richtung Norden und weist uns auf das heranfliegende Flugzeug hin. Es dauert aber noch eine ganze Weile, bis ich es erkennen kann. Dann bin ich etwas überrascht, weil ich es mir kleiner vorgestellt habe. Und Barry sagt nur: „Zu tief, viel zu tief. Das schafft er so nicht.“ Als ich das höre kribbelt es im Bauch. Sollten wir hier Zeuge eines Unglücks werden?

Vor der Klippe aber geht das Flugzeug nochmals hoch und landet auch sicher auf der Landebahn. „Whow“ sagt Barry, „must be an experienced pilot. Well done!”. Puh, da bin ich auch erleichtert. Die Maschine fährt die Rollbahn bis ganz hinten, da sie nur dort umdrehen kann und kommt dann zum Flughafengebäude zurück. Wir verabschieden uns von Barry und Shane und machen uns wieder auf den Weg. Wir fahren vorbei an Napoleons „Landsitz“ und treffen auf einen Berittenen.

Und dann, ja dann geht die Straße (falls man das so nennen kann) runter nach Sandy Bay. Da ich hochkonzentriert gefahren bin, kann ich euch leider keine Bilder zeigen, aber die Straße hatte ganz enge und noch dazu sehr steile 180 Grad Kehren in denen teilweise auch noch Splitt lag. Unsere Slicks rutschten schon mal und das eine oder andere mal musste ich in der Kehre auch noch reversieren. Daneben geht’s steil bergab; das wäre die richtige Straße für die Führerscheinprüfung. Jedenfalls ab ich mich dabei nicht immer ganz wohl gefühlt und die Hupe ist auch heiß gelaufen. Wir sind aber heil unten angekommen und haben unsere Wandersachen ausgepackt, um in Richtung „Lot´s Wifee´s Ponds“ aufzusteigen.

Der Weg nach oben ist nicht steil, aber steigt stetig an. Die Landschaft ist karg und nur von ein paar weißen Flecken unterbrochen. Das sind die Kotränder der Nistplätze der „maskierten Tölpel“. Sie haben oberhalb des Schnabels um die Augen herum eine Zeichnung die aussieht, wie die Maske der Panzerknacker aus der MickeyMaus.

Als wir so dahin gehen, gaube ich mich in Karl May´s „Wildes Kurdistan“ versetzt. Landschaft und Weg erinnern mich an die Geschichten aus dem Buch.

Immer höher steigen wir auf und immer besser wird die Aussicht, bis wir am Top des Weges angelangt sind.

@ Xaver und Leni:
Wer kann den Gorilla finden, der da auf den Felsen sitzt und die Füße ins Wasser hängen lässt?

Reiner und Martin steigen noch zu den Felsen ab, die die Brandung überspült und dabei kleine Schwimmbecken (Ponds) hinterlässt.

Ich mache mich aber wieder auf den Rückweg und will den Strand an Sandy Bay noch genießen. Sandy Bay ist eine der befestigten Buchten von St. Helena. Eine massives Bollwerk mit Schießscharten schützte die Bucht vor unwillkommenen Besuchern. Und auch hier sind die Kanonen nun nur noch als Sitzbänke und Wegbegrenzer im Einsatz. Da man damals aber nicht alle Buchten schützen konnte, wurde einige von ihnen sogar zugemauert!

Schwimmen kann ich wider Erwarten leider nicht gehen. Gefahrenschilder warnen vor gefährlichen Unterwasserströmungen. So mache ich es mir im Schatten einer Strandüberdachung gemütlich, höre Musik und mache ein paar Übungen für den Rücken, während ich auf die beiden anderen warte.

Am Rückweg muss ich die Straße natürlich auch wieder hinauf fahren, aber bergauf geht das irgendwie einfacher als bergab. Oben angelangt sind wir auch wieder zurück im Grünen. Was für ein landschaftlicher Unterschied innerhalb weniger Höhenmeter. In Half Tree Hollow essen wir zu Abend und genießen den Ausblick auf die vor uns liegende See.

Sundown

Veröffentlicht von petermaiergarsten

Email: peter.maier.11@gmx.at

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