Fortaleza / Brasilien

Schon 4 Tage nach unserer Abfahrt aus Fernando taucht früh morgens die Skyline von Fortaleza am Horizont auf. Als wir näherkommen zeigt sich uns ein irre langer Strand, der von Hochhäusern gesäumt wird. Bei der Ansteuerung müssen wir noch 2 Wracks passieren (die etwas anders auf der Karte verzeichnet sind) bevor wir unser Ziel, die Park Hotel Marina, am 26.03.2020 gegen 09:30 Uhr erreichen und dort in dem vorgelagerten Hafenbecken den Anker werfen.

Mit all unseren Unterlagen im Rucksack fahren wir mit dem Dingi an den Steg, machen fest und steigen über. Doch noch bevor wir den Steg in Richtung Festland verlassen, kommt auch schon wieder jemand, fuchtelt mit den Händen, spricht ins Handy und ruft auf Portugiesisch zu uns herüber. „Wieder nichts.“ denke ich mir. Doch dann kommt noch ein offensichtlicher Hotelangestellter in dunklem Anzug und weißem Hemd und übersetzt auf Englisch, was ersterer (der Marinamanager, wie sich später herausstellt) sagt:

Wir mögen vorerst noch auf dem Schiff warten, bis der Honorarkonsul kommt, das wird gegen Mittag sein. Wir können in der Zwischenzeit das Schiff an den Hotelsteg (oder das was davon noch übrig ist) verlegen. Wir bekommen einen Zugang zum WLAN des Hotels und die WhatsApp-Nummer des Marinamanagers, um Kontakt mit ihm halten zu können. Puh, das kling a schon mal richtig gut! Also nochmals zurück aufs Boot, in die Marina verlegt und vor Anker an den Säulen des ehemaligen Schwimmsteges fest gemacht.

Und gegen Mittag kommt er dann auch, der Honorarkonsul Hr. Hans-Jürgen Fiege in Begleitung des Marinamanagers. Zugegeben, ich hatte mir unter einem Konsul jemand anders oder vielmehr ein anderes Erscheinungsbild vorgestellt. Als nun ein älterer Herr in salopper Kleidung mit Käppi und Schlürfgang an der Marinamole auf uns zu kam, hätte ich ihm dieses Amt nicht zugedacht und war daher zu diesem Zeitpunkt wohl auch etwas enttäuscht. Völlig zu Unrecht natürlich und schon ertappe ich mich, dass ich mich von Äußerlichkeiten in meiner Meinungsbildung führen lasse. Wir sind in einem fremden Land, während einer internationalen Krise und möchten gerne etwas, das hier offiziell womöglich gar nicht mehr möglich ist, nämlich Einreisen, und der Mann will uns dabei helfen. Also positiv denken!

Hans-Jürgen Fiege, Consul Honorario da Alemanha, im Gespräch mit uns am Eingang der Marinekaserne von Fortaleza

Zuerst mal begrüßen wir uns mit HANDSCHLAG. Hr. Fiege sieht das alles sehr entspannt und meint, dass wohl nur wir uns vor den Brasilianern und ihm schützen müssten und nicht umgekehrt, da wir ja einen weiten Weg über See gekommen sind. Wir bekommen Atemschutzmasken und begeben uns alle gemeinsam in die Hotellobby. Es ist das erste mal, dass ich eine Maske aufsetze, es wird aber wie wir alle wissen, nicht das letzte mal bleiben 😉

In der klimatisierten Lobby treffen wir auf ein paar Angestellte. Das Hotel ist offenbar leer; es hat zumindest so den Anschein. Wir füllen erst mal Formulare aus und können zuhause anrufen. Die Zeitverschiebung sind mittlerweile 5 Stunden. Da die Ämter eine ausgiebige Mittagspause machen, empfiehlt sich auch Hr. Fiege und kommt uns um 14:00 Uhr wieder abholen.

Pünktlich fahren wir los und suchen als allererstes die für den Hafen zuständige PoliciaFederal auf. In einem kleinen Büro sitzen 2 Beamte der Immigrationabteilung. Gut gelaunt, ohne Mundschutz und Handschuhe und sie machen sich auch gleich ans Werk alles mögliche in ihren Computer einzutragen und ehe wir es uns versehen, sind unsere Pässe abgestempelt. Für Reiner und mich wird die Einreise mit heute und die Ausreise mit morgen eingetragen. In Martins Pass wird nur die Einreise vermerkt. Er hat somit 90 Tage Zeit, um das Land zu verlassen. Wir sehen uns nur staunend an, wie einfach und schnell das jetzt gegangen ist, nicht zuletzt durch die Unterstützung des Honorarkonsuls und dessen Sprachkenntnissen. Uns wäre das ansonsten wohl kaum gelungen. In Martins Augen kann man seine Freude ablesen. Wir verabschieden uns mit einem freundlichen Lächeln und fahren weiter zum Zollamt.

Dort geht das noch viel schneller. Wir müssen noch nicht einmal ein Formular ausfüllen, der Zollbeamte stempelt einfach das Einreiseformular der Policia Federal ab und schon geht’s weiter zum Portcaptain.

Hier wird es allerdings noch einmal spannend. Die Dienststelle befindet sich in einer Marinekaserne und dort ist nachmittags niemand mehr da, der unser Anliegen behandeln würde. Und neuerlich ist es Hr. Fiege, der uns dazu verhilft, dass es doch noch gelingt. Er erklärt, dass wir quasi schon wieder ausgereist sind und daher der Akt auch heute noch geschlossen werden muss. Man möge jemanden anrufen, wie man hier vorzugehen habe. Kurz darauf erscheint auch jemand, befragt uns via Hrn. Fiege als Übersetzer natürlich, schnappt sich die Unterlagen und geht wieder. Nach etwa 30 Minuten kommt er zurück, schreibt quasi vom zuletzt ausgestellten Bescheid alles 1:1 ab, stempelt an den vorgesehenen Stellen die Formulare ab und nun ist Martin auch kein Mitglied der Schiffscrew mehr. Damit haben wir alle offiziellen Stellen durch.

Es ist mir/uns ein ganz besonderes Anliegen, mich/uns bei Hrn. Fiege für seine Unterstützung, ohne der wir das sicherlich nicht erreicht hätten, auf das herzlichste zu bedanken. Hr. Fiege macht diesen Job in seiner Pension ehrenamtlich, wofür ihm zusätzliche Anerkennung gebührt. VIELEN DANK!

Tja, man soll sich eben nicht von Äußerlichkeiten zur Meinungsbildung über andere (ver-) führen lassen!

Auf der Fahrt durch Fortaleza:

Auf dem Rückweg zur Marina halten wir noch an einem Supermarkt und stocken unseren Proviant für die nächsten Wochen noch einmal auf. Hr. Fiege fährt uns dann noch zurück zum Hotel und wir verabschieden uns. Am Schiff angekommen, schnappt sich Martin seine schon gepackte Tasche und wir verabschieden uns noch einmal. Reiner setzt ihn mit dem Dingi über.

Da Martin einer Couchsurfer Community (ich hoffe, ich sage das jetzt richtig) angehört, hat er Kontakt zu einer Brasilianischen Familie aufgenommen, bei denen er für die nächsten Tage unterkommen kann und die ihn auch beim Hotel abholen wird. „Boa viagem meu amigo!“

Martin kommt am 11. April in Singapur an (Fortaleza-Sao Paulo [proppenvoll, wie Martin schreibt], Sao Paulo-Doha [eine Dreierreihe für ihn alleine], Doha-Singapur [nur 4 Personen im Flugzeug]). Dort muss er für 2 Wochen in einem Hotel in Quarantäne und ist nun seit 25. April wieder zu Hause 😊

Reiner und ich machen am 28. März 2020 um 07:00 Uhr die Leinen los und fahren weiter in Richtung Westen, noch nicht wissend, wo uns die Reise genau hinführt. Französisch Guyana oder doch in die Karibik? Im Moment ist uns das noch nicht so wichtig, Hauptsache es ist wieder alles klar an Bord und wir stehen unter Segeln.

Sundown

Nachtrag:

In der Nacht des 27. März kommt ein kleines französisches Segelboot mit 4 Mann Besatzung von den Kap Verden in Fortaleza an und macht neben uns fest. Auch sie führen sofort Gespräche mit dem Marinamanager und dem Übersetzer aus dem Hotel. Am Ende erhalten sie jedoch nur Wasser über eine Schlauchleitung und dürfen nicht an Land. Wir nehmen Funkkontakt mit dem Boot auf, das keine 20m von uns entfernt liegt. Der Skipper teilt uns mit, dass man sie abgewiesen und aufgefordert habe, die Mole und das Land zu verlassen. Eine Einreise sei ab sofort nicht mehr möglich. Haben wir nur Glück gehabt?
Die Jungs haben jedenfalls so gut wie keinen Proviant mehr und sind etwas ratlos. Wir durchforsten unsere Vorräte und sammeln in zwei Tragetaschen so einiges zusammen, das wir entbehren können, packen noch ein paar Bierdosen dazu und Reiner bringt das mit dem Dingi hinüber.
Leider habe ich mir den Namen des Schiffes nicht aufgeschrieben und damit natürlich auch nicht gemerkt. Die Jungs haben sich aber sehr überschwänglich bedankt.
Keine Stunde später fährt ein Polizeiauto mit Blaulicht vor und fordert die Besatzung auf, das Gelände unmittelbar zu verlassen. Die Jungs machen daher die Leinen los und fahren wieder ab. Sie sind zwar nur in die Ankerbucht außerhalb der Marina gefahren, das hat die Polizei dann aber nicht mehr gesehen. Wir winken ihnen aber nochmals zu, als wir am nächsten Morgen ihren Ankerplatz passieren. Alles Gute!

Veröffentlicht von petermaiergarsten

Email: peter.maier.11@gmx.at

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