Der wohl berühmteste Bewohner von St. Helena war ein Korse, französischer General, Konsul und Kaiser – Napoleone Buonaparte oder Napoleon I. von Frankreich. Das war er allerdings nicht mehr, als er im Oktober 1815 auf die Insel kam um dort seine lebenslange Verbannung abzusitzen.
Der katastrophale Ausgang des Feldzuges gegen Russland ab 1812 führte zur Erschütterung der Herrschaft Frankreichs und somit Napoleons über große Teile Europas, den Befreiungskriegen und letztlich zum Sturz Napoleons. Nach einer kurzen Phase der Verbannung auf Elba kehrte er nach seiner Flucht von dort 1815 nochmals für 100 Tage an die Macht zurück. Am 18. Juni 1815 in der Schlacht von Waterloo (15km südlich von Brüssel, damals noch Niederlande) wurde er von den Alliierten Truppen unter General Wellington jedoch endgültig besiegt, was am 22. Juni zu seiner Abdankung und zum Ende des französischen Kaiserreiches führte.
Napoleon selbst wurde als britischer Kriegsgefangener bis zu seinem Lebensende auf die fern ab gelegene Insel St. Helena verbannt, von der es aufgrund ihrer Abgeschiedenheit wohl kein Entrinnen mehr geben konnte und letztlich (zu Lebzeiten) auch nicht gab.
Zurück in die Jetztzeit: Am 06.03.2020 machen sich Reiner und ich auf, die Spuren von Napoleon zu ergründen. Martin ist währenddessen mit einer anderen Gruppe, die sich im Yachtclub verabredet haben, zum Wandern unterwegs.
Wir verhandeln mit Wayne, einem Taxifahrer mit seinem auffällig orangen Ford Focus älteren Baujahrs, über die Möglichkeit, dass er uns zu den Kultstätten fährt und dort jeweils auf uns wartet. Bei 25 Pfund sind wir uns einig und schon geht’s los. Zuerst zum Grab, da man dort schon um 09:00 Uhr hinein kann, in das Wohngebäude aber erst ab 10:00 Uhr.
Die engen Straßen durch die Klippen hoch zu fahren ist schon ein kleines Erlebnis für sich. Vorrang hat immer derjenige, der bergauf fährt. Der Gegenverkehr wartet in einer der vielen Ausweichen, und vor einer unübersichtlichen Kurve (übersichtliche gibt’s eh keine) wird gehupt, richtig viel und oft. So gelangen wir zum Zugang von Napoleons Grabmal. Ein Wegweiser verrät uns, dass man ein paar hundert Meter weit gehen muss. Kein Friedhof? Wir gehen einfach mal los.
Es ist ein breiter Weg, der mit sehr viel Sorgfalt ausgemäht und zurückgeschnitten ist. Und man geht tatsächlich eine Weile, bis man die ehemalige Grabstätte des Imperators vorfindet.

Ein kleines Wachhäuschen erinnert noch daran, dass das Grab nicht unbewacht war, solange der kleine Mann (er war nur 1,57m) hier nach seinem Tod am 05.05.1821 zur vorletzten Ruhe gebettet wurde. Zur VORletzten Ruhe deshalb, weil er 1840 exhumiert und in den Invalidendom nach Paris überführt wurde.
Fast schon kitschig mutet es an, dass just zu dem Zeitpunkt als wir uns beim Grabmal befinden 2 weiße „Tauben“ darum herumfliegen. Es sind aber keine Tauben, sondern weiße Seeschwalben, die auf St. Helena sehr häufig zu sehen sind. Kitschig wars aber trotzdem.

Zurück beim Wagen fragen wir Wayne, wer denn die Weg- und Grabpflege hier betreibt. Er sagt uns, dass das, so wie auch die Erhaltung und Pflege des Wohnhauses, vom französischen Staat übernommen, aber natürlich von helenischen Arbeitern durchgeführt wird.
Wir fahren weiter zum „Longwood House“ und sind einigermaßen überrascht, als wir dort ankommen und eine wirklich prächtige und sehr große Villa zu sehen bekommen. Na, wie ein Gefängnis sieht die ja nicht aus, aber Napoleon dürfte mal gesagt haben, dass selbst die größte Insel für einen Imperator ein Gefängnis ist.
Wir suchen uns den Eingang, der über die Terrasse ins Haus führt. Dort erwarten uns Gwen und Ivy, die beiden ausgesprochen gesprächigen Führerinnen und Aufpasserinnen. Sie sind natürlich auch Heleninnen, aber eben beim französischen Staat angestellt. Ivy selbst ist kleinwüchsig und so müssen wir uns für´s Gemeinschaftsselfie schon etwas hinknien, um alle ins Bild zu kommen.

Die Innenräume sind wie erwartet altertümlich ausgestattet und es gibt sogar einen Weinkeller (der allerdings nur ein ebenerdiger Raum ist). Es herrscht striktes Fotografierverbot, worauf Ivy, die uns begleitet und mit vieeelen Informationen versorgt, auch sehr achtet. Wie gesagt, die beiden sind sehr gesprächig 😉
Die Royals bei einem Besuch des Hauses 1947
Reiner eilt mal ein paar Schritte voraus und kommt so dennoch zu ein paar Bildern. Am Ende gibt’s dann noch den üblichen Verkaufsraum, in dem man Souvenirs oder auch eine Flasche von dem Süßwein erstehen kann, den Napoleon damals getrunken haben soll. Immerhin 6.000 Flaschen lies er sich während seines Aufenthaltes in St. Helena kommen. Das macht pro Tag etwas mehr als 1 Flasche; na denn Prost! Nicht ganz so alt ist der Wein, den man hier kaufen kann, aber immer noch von den selben, südafrikanischen Trauben des „Vin de Constance“ vom Tafelberg.
Im Übrigen gab es noch weitere Exilbewohner auf St. Helena wie:
- 1890 – 1897 wurde der Zuluhäuptling Dinizulu kaCetshwayo hier gefangen gehalten
- 1900 wurden 6000 kriegsgefangene Buren von Südafrika nach St. Helena gebracht
- 1957 – 1960 wurden drei Nationalisten aus Bahrein hier festgehalten
Und berühmte Persönlichkeiten:
- 1677 beobachtete Edmond Halley (der Entdecker des Halleyischen Kometen) die Gestirne von St. Helena aus.
- 1761 tat ihm dies der britische Hofastronom Neville Maskelyne nach, der auf der Suche nach einer Möglichkeit war, den Längengrad während einer Überfahrt auf See feststellen zu können. (Die dafür erforderliche sehr genaue seegängige Uhr wurde übrigens von einem britischen Tischler – John Harrison) erfunden und gebaut.
- 1771 kam Kapitän James Cook, ein britischer Entdecker, auf die Insel
- 1792 kam Kapitän William Bligh, der Kapitän der BOUNTY nach St. Helena.
- 1836 der englische Naturforscher und Geologe Charles Darwin
- 1898 hielt Joshua Slocum im Zuge seiner Weltumsegelung auf St. Helena. Er war der erste Mensch der mit seiner nur 11,2m langen SPRAY alleine um die Welt segelte (vom 24 April 1895 bis zum 27. Juni 1898). Er segelte dabei 1898 – genau wie wir 😉 – von Kapstadt über St. Helena in die Karibik. (Credits für das Bild von Slocum mit seiner Spray an: Yachtbild)

Ja, hier kann man schon in sehr historischen Fußstapfen wandern.