Spinnakersegeln

Die Reiseroute ist sehr bewusst so gewählt, dass der Wind hauptsächlich von achtern (von hinten) kommt. Das gibt eine meist kontinuierliche Welle und das Schiff schaukelt viel weniger, als wenn man mit halbem Wind (Wind von der Seite) oder gar auf Amwindkurs (Wind von vorne) fährt. Normalerweise muss so eine Überfahrt auch zur richtigen Jahreszeit gemacht werden, damit Windrichtung und Wetter passen. Im Südatlantik gibt es aber ein ganzjähriges Hochdruckgebiet, dass die Überfahrt nach Brasilien das ganze Jahr über ermöglicht. Zudem gibt es im Südatlantik nur sehr selten Stürme.
Dieses Hoch dreht sich gegen den Uhrzeigersinn und bringt uns daher von der Südspitze Afrikas mit Rückenwind genau nach Nordwesten. Und wenn der Wind nun nicht zu stark ist (< 25 kts), dann segeln wir am besten mit dem Spinnaker.

Das große und sehr leichte Vorsegel wird an seinen Schothörnern (das sind die unteren Ecken des Segels) mit Leinen (den Schoten) an den beiden Bügen „befestigt“ und mit den Steuerleinen seine Ausrichtung über eine Rolle von hinten geführt. Klingt ein wenig kompliziert, ist aber im Prinzip ganz einfach und gut zu handhaben. Der Wind bläst von hinten hinein und schiebt uns sozusagen über das Meer.
Das ist das perfekte Segeln auf langen Strecken. Solange, ja solange der Wind nicht zu schwach wird, um den SPI auch aufzublasen und oben zu halten. Wird der Wind zu schwach, in unserem Fall < 7 Knoten, fällt das Segel ein und bringt wenig bis keinen Vortrieb mehr. Wir würden also einfach nur mehr herumtümpeln und das Segel wird durch ständiges Öffnen und wieder einfallen auch stark beansprucht. In so einem Fall versuchen wir den Kurs zu variieren, damit das Segel etwas vorlicher und damit mit einer besseren Windanströmung gefahren wird. Wir kreuzen vor dem Wind im Zickzackkurs.
Dazu bedarf es dann auch einiger Tricks, um das Segel möglichst stabil so weit an der Seite zu führen. Hier kommt Reiner wieder ins Spiel, der mit Rollen und Gummizügen sehr erfinderisch und effizient ist.

Am Abend nach dem ersten SPI-Tag nehmen wir das Tuch wieder herunter und tauschen es gegen die Fock ein, da wir den Wolkenfronten nicht so ganz trauen. Und bei Tageslicht ist das doch bedeutend einfacher als nachts, wenn möglicherweise schon eine steife Brise weht.
Um den Spinnaker abzunehmen, muss er erst zusammengefaltet werden. Das passiert von oben nach unten, indem man einen langen Schlauch über das Segel zieht. An einer Leine wird dazu von oben nach unten ein Trichter, der „Hut“, über den Spi gezogen, und der wiederum zieht den Schlauch hinter sich her. Um den Hut dann umgekehrt beim Setzen des Segels auch wieder nach oben ziehen zu können, läuft die Endlosleine über eine Umlenkrolle ganz oben wieder in den Schlauch hinein.

Zuerst muss aber der Winddruck aus dem Segel heraus. Man lässt dazu die luvseitige Schot einfach lose und der Spi flattert halbseitig im Wind. Jetzt muss der Hut möglichst zügig heruntergezogen werden, damit das Segel geschont wird. Das hätte soweit auch gut funktioniert, wenn sich da nicht der Schlauch in die Umlenkrolle gezogen hätte und alles ins Stocken gekommen wäre. Hin und her gezogen, es geht nicht mehr vorwärts und auch nicht zurück. Also muss das Fall mit dem halb eingesackten SPI herunter gelassen werden und dann ab in die Kiste mit dem Segel. Repariert wird morgen.

Der Schaden ist tags darauf schnell begutachtet: Ein zerrissener Schlauch und ein ausgebrochener Hut. Stellt sich die Frage: Warum?
Der Abstand von der Segelkopfaufhängung zur Umlenkrolle muss vergrößert werden, um dem zusammengerafften Schlauch mehr Platz zu verschaffen, damit letztendlich die Umlenkrolle frei bleibt. Wenn´s also nur das ist!
Reiner holt die Nähmaschine heraus. Eine alte Husqvarna, mit der er, wie er sagt, schon seine erste Jollen Persenning genäht hat. Aus dem Schlauch wird das defekte Stück herausgeschnitten, ein kleineres Loch mit einem Flicken vernäht, und anschließend die beiden Schlauchteile wieder zusammengenäht. Dann noch eine Verlängerung für die Segelkopfaufhängung eingenäht und schon ist der SPI wieder einsatzbereit. Reiner dabei zuzusehen macht richtig Spaß, wie er die Stoffbahnen hin und herlaufen lässt, das Tuch unter der Nadel dreht, und zwischen Vor- und Rückwärtsgang umschaltet. Ganz offensichtlich macht er das nicht zum ersten mal 😊

Also meine Damen und Herren Seglerinnen und Segler. Nähkurs besuchen heißt die Devise für all jene, die das noch nicht können. Nähen ist essentiell auf einem Schiff auf Langfahrt!

Sundown

P.S.: Unser Kurs am Rosenmontag 😀

Veröffentlicht von petermaiergarsten

Email: peter.maier.11@gmx.at

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