Mast- und Schotbruch

wünscht man den Seeleuten, wenn sie in See stechen. Aber natürlich ist damit genau das Gegenteil gemeint, nämlich dass genau das eben nicht wirklich eintreten soll. Man ist davor aber nicht gefeit.

21. Februar, 17:00 Uhr
Wir setzen unser neu geschnittenes Großsegel zum ersten mal. Um dazu nicht in den Wind drehen zu müssen (das wäre entgegen unserer Fahrtrichtung und dann müssten wir auch das Code-0-Segel einrollen), machen wir das vor dem Wind. Heißt, dass der Wind genau von hinten in das Segel bläst. Das funktioniert auch gut. Allerdings müssen wir das Segel relativ rasch hochziehen, weshalb wir die achterlichen Reffleinen nicht einbinden können. Das kommt auf die To-Do-Liste.

Ein schöner Anblick, wenn SHAMBALA II unter vollen Segeln steht.

Etwas später braut sich am Horizont eine Wolkenfront zusammen, und da wir die Reffleinen ja noch nicht fertig eingebunden haben, wird das Großsegel vorsichtshalber eingeholt. Dafür muss SHAMBALA II in den Wind gedreht werden. Mit dem Großbaum an Steuerbord reicht uns ein Windwinkel von etwa 30° aus. So kommt uns auch das Code-0-Segel nicht in die Quere, das weit über den Mast zurück reicht, und uns damit bei der Arbeit am Großsegel im Weg wäre, käme es in die Schiffsmitte. Zudem würde es auch noch killen. (Ein Segel „killt“, wenn es nicht vom Wind gefüllt wird und nur im Wind flattert. Das ist nicht nur schlecht für das Segeltuch, es kann dir dabei auch einen kräftigen Schlag verpassen und dich schwer verletzen.)

Der Skipper luvt an und lässt das Großsegel auf Amwindkurs sehr zügig herunter. Es fällt zwar etwas unschön, aber wie gewünscht, in den Lazybag. Als er das Schiff wieder abfallen lässt (der Bug wird wieder aus dem Wind gedreht), bricht die Rollanlage des Code-0-Segels auseinander! Das Segel hängt nun an der Unterseite nur noch irgendwie zufällig an der Reffleine. Eine heikle Situation, denn wenn sich die Leine ausfädelt, fliegt uns das Segel unkontrolliert um die Ohren.
Martin und ich stehen derweil am Vorschiff und sind etwas ratlos. An der Schot können wir das Segel nicht hereinholen, denn da ist zu viel Winddruck drin um es halten zu können. Würden wir die Schoten ausfieren, würde das Segel killen und uns die Schot mit einem Ruck wie nichts über die Reling ziehen. (Ein Segel killt, wenn das nicht straff gehaltene hintere Ende im Wind ausweht. Sind die Schoten ganz offen, schlägt es mit sehr viel Kraft hin und her.)
An das Vorliek kommen wir auch nicht ran, um das Segel von Hand zusammen zu raffen, da es etwa 1,5m vor uns auf dem Bugspriet befestigt ist. Wir sehen uns alle 3 an, und der Skipper beschließt, das Fall abzulassen. (Das ist das Seil, mit dem das Segel ganz oben auf der Mastspitze gehalten wird.) So würde uns der Wind das Vorliek in Richtung Vorschiff bringen und wir könnten das Segel händisch zusammenraffen.

Im selben Moment aber löst sich die Reffleine aus der abgerissenen oberen Hälfte der Trommel und der Segelhals (die untere vordere Ecke des Segels) samt oberer Reffrollenhälfte schießt wie ein Geschoß seitlich an uns vorbei und weht an Steuerbord aus. Glück im Unglück, dass uns das nicht getroffen hat und auch nicht in die Frontverglasung von SHAMBALA hineingeflogen ist. Puh!!!

Nun sind Martin und ich an der Reihe. Der Winddruck ist raus aus dem Segel und wir können es mit der Schot zu uns ziehen und zusammenraffen. So hängt es nun seitlich am Boot herunter und wir sichern es mit der herumgeschlagenen Schot an der Mittelklampe. Nun erst mal kurz durchatmen, sammeln, überlegen und beschließen, wie wir weiter vorgehen. Zuerst wird der Segelkopf (das obere Ende) abgelassen und auf dem Vorschiff gesichert (festgebunden). Danach muss der Rest vom Segel aus dem Wasser gezogen und an Bord gehievt werden.
Die Reffanlage wird abmontiert und das Segel in einen Segelsack gepackt und in einer der großen Backskisten am Vorschiff verstaut. Dann holen wir den Bugspriet ein und bauen auch noch den Unterteil der Reffanlage ab.

Wir setzen die Fock (das ist das kleine Vorsegel) und alles ist wieder in Ruhe. Dann klatschen wir uns ab, denn das war schon eine sehr heikle Situation, die wir zusammen aber sehr gut gemeistert haben. Mit viel Glück aber auch, dass niemandem von uns etwas passiert ist, und auch SHAMBALA, vom kaputten Segel einmal abgesehen, unbeschadet geblieben ist.

Dann werden die kaputten Teile der Reffanlage noch begutachtet. Wie das möglich sein kann, dass so etwas auseinander bricht, ist uns völlig unklar, und doch ist es passiert.

Bilder von der Geschichte kann ich euch leider keine anbieten. Ans Fotografieren haben wir dabei nicht gedacht und hätten ja auch gar keine Hand frei gehabt 😉

Hier aber noch ein Bild von den beiden auseinander gebrochenen Reffrollenhälften:

Veröffentlicht von petermaiergarsten

Email: peter.maier.11@gmx.at

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