Angekommen (reloaded)

Mein Taxifahrer vom Flughafen in die Yachtmarina heißt „Rocky“ und gibt mir gleich einige Anregungen, wo man als Tourist hingegen müsse. Als ich ihm sage, dass ich Segler bin und mit einem Segelboot über den Atlantik fahren werde, ist er enttäuscht, dass er mich nicht herumfahren kann in den nächsten Tagen. Besonders erstaunt ist er, als ich ihm auf seine Frage hin erkläre, dass wir unsere Reise ganz ohne Frauen und Alkohol machen. Das versteht er gar nicht.

In der V&A Waterfront Marina angekommen, gehe ich gleich zum Schiff. Da liegt sie vor mir am Steg. SHAMBALA II heißt sie und macht in jedem Fall Eindruck. Reiner, der Eigner, ist schon an Bord. Er ist etwa 2 Stunden vor mir angekommen. Wir sehen uns das Boot zusammen an, Reiner gibt mir Bettwäsche und Handtücher, zeigt mir meine Koje und schickt mich anschließend als erstes gleich mal auf Erkundungstour durch das Schiff. „Schau überall hinein, und mach alle Laden und Luken auf, damit du gleich weißt, wo was ist.“ sagt er, und so mache ich es auch.

SHAMBALA ist ein tolles Boot, und wurde von Reiner selbst konstruiert. Sie ist nicht nur groß (55 Fuß), sie ist ein richtiges Prachtstück mit ganz vielen tollen Details. Am markantesten ist wohl der Frontsteuerstand, der die Bedienung des „laufenden Gutes“ (seglerisch für alle Leinen) von innen ermöglicht. Mit 2 Türen vom Koch- und Wohnbereich zwar abgetrennt, durch die absenkbare Verglasung aber voll integriert und man kann durch die ebenfalls absenkbaren Frontfenster direkt auf das Vorschiff gelangen.

Meine erste Aufgabe ist es, einige Bilgepumpen mit zusätzlichen Schwimmerschaltern auszurüsten, da die integrierten Automatikschalter offenbar nicht zuverlässig funktionieren. Damit steige ich auch gleich in die Erkundung der Bordelektrik ein, die mich mit einigen Umbauten und Nachträgen sowie deren Dokumentation in den Schiffsunterlagen in den nächsten Tagen noch beschäftigen wird.

In der Marina tummeln sich einige Robben und Seelöwen, die zeitweise direkt auf den Stegen liegen und böse pfauchen, wenn man vorbei geht. Schön ist es aber allemal, wenn ich direkt vom Bett aus auf den Steg schaue und so eine Robbe keine 2 m von mir entfernt quasi neben mir schläft.

Am Montag den 10.02.2020 stößt dann noch Martin (ein gebürtiger Deutscher, der in Singapur lebt) zu uns. Damit sind wir komplett. Martin beschäftigt sich vorrangig mit der Verproviantierung und stellt sich auch als exzellenter Koch heraus. Reiner selbst ist einer von diesen Tausendsassern. Er baut an vielen Ecken und Enden gleichzeitig an der ständigen Verbesserung von SHAMBALA II und hält uns mit immer neuen Aufgaben und Anregungen auf Trab. Aber es sind schöne Arbeiten, die wir hier verrichten und so lernen wir das Schiff tagtäglich besser kennen.

Was das Essen anbelangt, befinden wir uns auf einem Boot, auf dem sehr bewusst und möglichst natürlich gekocht und gegessen wird. Weshalb es für Martin auch nicht immer leicht ist, die richtigen Lebensmittel zu bekommen.
Laura, die Frau von Reiner und gute Seele des Bootes und der Küche, kann uns leider nicht auf der Überfahrt begleiten. Sie ist nicht ganz auf dem Damm und wird dann hoffentlich in Fernando de Noronha zu uns stoßen. Sie gibt uns aber laufend Informationen via Skype und WhatsApp. Gute Besserung von dieser Stelle aus!

Morgens jedenfalls gibt es Müsli (selbstgemacht und geschreddert von Martin) mit vielen Früchten. Tagsüber meist Snacks wie Apfel, Banane oder ähnliches. Abends wird meist an der Waterfront ein Restaurant aufgesucht.

Platz ist wirklich viel auf SHAMBALA II und unter anderem gibt es einen Kühlschrank, einen Gefrierschrank und eine große Kühltruhe. Damit sind wir auch schon bei meinem ersten groben Patzer angelangt. Bei der Programmierung der Zeitschaltuhr habe ich die Kühltruhe auch gleichzeitig etwas kälter eingestellt, was sie dann aber in eine Gefriertruhe verwandelt hat, was wiederum dem darin enthaltenen Frischgemüse teilweise natürlich nicht gut getan hat. Drauf gekommen sind wir aber leider erst nach der Abfahrt und somit hatten wir auch keine Chance mehr, die Lebensmittel nochmals aufzufüllen. Schöne Bescherung! Martin hat es aber wieder gut gemacht, und alles genial verkocht.

Am Mittwoch kommen die für Dienstag angesagten Segelmacher und verpassen uns das geänderte Großsegel samt neuem LazyBag und schlagen auch das Vorsegel an. Die von Reiner mitgebrachte Anti-Torsion-Leine für das Code-0-Segel (ein leichtes und besonders großes Vorsegel) wurde ins Vorliek gezogen und die Kauschen verpresst. Nun sind wir auch segeltechnisch gut ausgestattet und es kann jederzeit los gehen. Aber noch sind unsere Arbeiten nicht abgeschlossen und es muss auch noch einiges auf- und weggeräumt werden.

Die Vorarbeit für die nun für Samstag Nachmittag angesetzte Abreise beginnt wie immer mit den Behördenwegen. Nur gut, dass es hier schon einige Erfahrungsberichte gibt und uns ein ebenfalls abreisendes, aus Deutschland stammendes und in Australien lebendes Paar noch einige Anregungen und Hinweise gibt. Danke an Ellen und Michael von der SLEIPNIR III. Die beiden fahren über St. Helena in die Ostsee hinauf. Siehe auch: www.sailblogs.com/member/sleipnir3/


Wie immer sind die Behördenwege dennoch verworren und nicht ganz nachvollziehbar, aber nach einigen Stunden am Freitag haben wir es geschafft. Bleibt noch Zeit, ein Segelleinen- und ein Fischereigeschäft aufzusuchen, um noch ein paar Einkäufe zu machen.

Beim Abendessen stellen wir dann aber fest, dass wir nicht mit dem Wetter gerechnet haben. Sonntag schlägt das Wetter um und bringt, was für die Region absolut außergewöhnlich ist, Nordwind und Flauten. Wir stornieren unsere Ausreisepapiere daher nochmals und machen das ganze Prozedere am Montag vormittags erneut.

Das bringt uns die Chance, noch einiges fertig zu stellen, das Schiff nochmals zu reinigen und auf eine Kunstausstellung zu gehen. An der Ausstellung nehmen auch Objekte von Reiners Tochter und deren Freund teil.

Den letzten Abend verbringen wir (mehr zufällig als geplant) im „GOLD“. Sicherlich eines der besten afrikanischen Lokale in der Stadt. Neben einem sehr umfangreichen Speisenprogramm (in kleinen Schüsseln werden insgesamt etwa 20 verschiedene Gerichte serviert), gibt es noch ein tolles Rahmenprogramm mit Stammesgesängen, Ausdruckstanz und ursprünglichen Gewändern. Und wer sich nicht wehrt, bekommt auch eine Bemalung ins Gesicht.

Veröffentlicht von petermaiergarsten

Email: peter.maier.11@gmx.at

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