Gegen 16:30 Uhr brechen wir wieder auf, um mit der Strömung und nicht gegen sie voran zu kommen. Wieder gibt es Wolken am Abend und damit auch wieder etwas Wind in die Segel. Wir fahren nun nahe dem Festland von Malaysien und haben die großen Schiffe in einiger Entfernung an Backbord.
So fahren wir durch die Nacht, bis wir am nächsten Morgen noch einmal den Anker werfen, kurz vor Malakka bei der Insel BESAR. Besar birgt mehrere Urlaubsresorts und wunderschöne Strände. Aussteigen und an Land gehen ist aber nicht angesagt, da wir ja noch nicht in Malaysien eingereist sind.
Unser erster Ankerplatz stellt sich bei rückläufiger Flut dann auch als nicht ganz optimal heraus, da wir von immer mehr sichtbar werdenden Steinblöcken nahezu eingekreist werden, die das trübe Wasser nun frei gibt. Wir verlegen deshalb gegen Mittag nochmals ein paar Meter weiter auf einen anderen Platz. Von hier aus sind die Umrisse von Malakka auch schon gut zu sehen.
Um 18:45 Uhr geht die Sonne mal wieder unter, und um 03:30 Uhr geht der Anker wieder auf.
Es ist Montag der 14. Oktober 2019 und es ist die letzte Etappe vor der großen Pause. Denn nach Port Dickson wird die TARTARUGA 1 mit dem Skipper und einer 2. Person langsam nach LANGKAWI fahren, um dort auf den Absprung Anfang Dezember nach SRI LANKA zu warten. Und ich werde in der Zwischenzeit durch Malaysien und Singapur und ev. auch noch durch Thailand tingeln. Aber bis dahin sind es noch ein paar Meilen.
Gegen 13:00 Uhr sind wir dann vor der Marina in PORT DICKSON angekommen und sondieren die Einfahrt, da das Wasser nicht sehr tief ist und der Tiefenmesser sich bereits im 1-stelligen Bereich befindet. Wir haben Niedrigwasser.
Also Funkgerät in die Hand und „Admirals Marina for Tartaruga 1; can you hear me?“ rein gesprochen. Aber keine Reaktion; weder auf Kanal 16 (das ist international der allgemeine Rufkanal, der immer eingeschalten ist), noch auf Kanal 72 (ein allgemeiner Sprechkanal, den sehr viele Marinas benutzen). Erst als wir direkt vor der Marinaeinfahrt sind, können wir mit dem Fernglas ausmachen, dass der VHF-Kanal 14 der richtige Kanal ist. Also 14 eingestellt und nochmal: „Admirals Marina for Tartaruga 1; can you hear me?“. Und diesmal klappts. Kurz ausgetauscht, dass wir ein Segelboot sind, Katamaran und Schifflänge angegeben, und vorerst mal 1-2 Nächte bleiben wollen. Das Englisch der malaysischen Marineros ist zwar oft nur schwer zu verstehen, aber so viel kann ich heraushören, das wir einfach mal rein fahren, und uns an der Shoreside halten sollen. Dort werden wir erwartet.
Und so ist es auch. Gut gelotst, gut gesteuert und Leinen über, sind wir wenige Minuten später um 13:20 Uhr, fest vertaut in der Admirals Marina in Port Dickson.
Noch am Nachmittag fahren wir mit dem Taxi in die Stadt, um uns im Immigration Office, beim Zoll und beim Hafenmeister zu melden, damit wir offiziell in Malaysien einreisen können.
In das Immigration Office haben wir es auch noch geschafft. Dort warten wir in einem leeren Warteraum. Auf das Klingeln an dem mit einem Vorhang verdunkelten Abfertigungsschalter reagiert niemand. Nach einiger Zeit spreche ich mit der Reinigungsfrau, die als einzige noch im Raum ist und mit hochgelagerten Füßen Musik am Handy hört. Sie bietet sich an, mal fragen zu gehen und kommt mit einer Geste, die wohl „bitte warten“ heißen soll wieder zurück.
Rechts im Bild der besagte Abfertigungsschalter.
30 Minuten später gehe ich in eines der Büros draußen am Gang und frage selber mal nach. Die Dame in dem Büro ist erst etwas erschrocken, versteht aber mein Englisch und will sich auch umgehend darum kümmern. Kurz darauf erscheint sie auch tatsächlich mit einem uniformierten Herren, der uns sehr freundlich erklärt, dass gerade eine große Fähre mit Menschen aus China abgefertigt wird, weshalb uns hier gerade keiner Beachtung schenken kann und wir doch bitte etwas warten sollen.
Also warten wir.
Etwa 1 ½ Stunden nach unserer Ankunft werden wir dann vorgelassen, müssen uns noch in eine Art Gästebuch eintragen, erhalten ein Badge und dürfen nun quasi von der Rückseite zum Abfertigungsschalter hinein. Dann geht es dafür aber auch „rats-fats“. Crewliste ausgefüllt, Stempel drauf und den Pass noch abgestempelt; die Dame lächelt und gibt uns die Papiere zurück. Wahrscheinlich hat man ihr gesagt, dass da jetzt zwei Leute kommen werden, die schon etwas länger warten. Damit sind wir zumindest mal keine Illegalen mehr. Zoll und Hafenmeister müssen wir allerdings auf den nächsten Tag verschieben.
Wir besorgen uns, bevor wir in die Marina zurückfahren, noch Bargeld am Bankomaten und im „DIGI-Shop“ noch eine malaysische Datensimkarte (20GB Daten und Onlinestreaming für 1 Monat für umgerechnet etwa 20 EUR), damit wir auch wieder online sind, bloggen, und zu Hause Bescheid geben können.
Mit den Millionen vom Bankomaten ist es hier allerdings vorbei. Der Umrechnungsfaktor ist 4,6. Das heißt, dass 100 malaysische Ringgit (MYR) etwa 21 EUR sind. Rechnen also /10 und x2, dann ist man ungefähr dort.
Am nächsten Morgen fahren wir dann auch gleich zum Zoll und zum Hafenmeister und können den Papierkram rasch und unkompliziert erledigen. Dann müssen wir noch einmal zum Immigration Office, um die Crewliste und den Eintrag in meinem Reisepass ändern zu lassen.
Diesmal öffnet sich nach dem ersten mal klingeln auch sofort der Abfertigungsschalter im Warteraum, wir erklären, dass die Crewliste und der Eintrag in meinem Pass geändert werden müssen und 2 Minuten später ist es offiziell:
Ich bin nun kein Crewmitglied der TARTARUGA mehr, muss also nicht mit der TARTARUGA wieder aus Malaysien ausreisen, sondern bin ein frei reisender Tourist und kann reisen, wohin ich möchte.
Schon ein paar Wochen zuvor hatten wir beschlossen, die Reise nicht gemeinsam zu Ende zu führen, da wir nach einiger Zeit auf engstem Raum feststellen mussten, dass unsere Charaktere und damit auch unser Handeln und der Umgang mit bestimmten Situationen doch zu unterschiedlich sind, um dies ganze 8 Monate lang gemeinsam und harmonisch durchzuhalten.
Natürlich konnte (und wollte) ich nicht einfach irgendwo aussteigen, und so kamen wir überein, dass ich die TARTARUGA erst nach der Straße von Malakka verlassen werde.
Der Skipper fährt nun, so ich es richtig verstanden habe, mit seinem Besuch aus Deutschland bis Langkawi weiter und wird dann dort Anfang Dezember 2 neue Crewmitglieder an Bord nehmen, um die Reise nach Europa anzutreten.
Ich selber werde in den nächsten Wochen wie schon erwähnt noch ein wenig durch Südostasien tingeln und mir Land und Leute, Kultur und Kulinarik angedeihen lassen. Terminplan dazu hab ich keinen. Brauche ich auch nicht. Ich reise einfach noch ein bißchen. Und natürlich werde ich auch noch etwas darüber bloggen.
Am 06. August bin ich von zu Hause aufgebrochen und am 8. August in Neukaledonien angekommen. Am Mittwoch den 21. August 2019 sind wir dann in Noumea in Neukaledonien aufgebrochen. Seit her sind 56 Tage vergangen und gute 4.500 Seemeilen (etwa 8.300km) hinter uns. Wir hatten ausgesprochen gute Bedingungen und kamen nie in einen Sturm. Tolle Sache! Dank ans Universum!
Ich habe auf der Überfahrt wirklich sehr viel gelernt und möchte mich an dieser Stelle auch aufrichtig dafür bedanken. Es war eine tolle Erfahrung, die ich keinesfalls missen möchte.
Was das beste für mich war? Nachts während meiner Wache am Steuerstand zu stehen, den Wind in den Haaren zu spüren, den Himmel und das Meer zu beobachten. Die Kontinuität zu genießen, mit der uns der Wind voran trieb. Von einem Meer ins nächste und von einem Land ins andere.
Ach ja, wenn ihr etwas vorhabt, tut es einfach. Hebt es nicht für später oder irgendwann auf. Macht es jetzt. Es zahlt sich immer aus.
Sundown
