Kennt ihr dieses Geräusch, wenn man ein Stofftuch zerreißt. Das tut so irgendwie „autsch“ weh in den Zähnen, oder? Genau so hört es sich auch an, wenn …

Das Großsegel hat dem Winddruck nicht mehr stand gehalten. So viele tausende Meilen hat es die TARTARUGA durch die Weltmeere gebracht, doch nun haben Sonne und Wind das Tuch soweit ausgezehrt, dass es aufgegeben hat.
Ja und nun ratet mal, wie Joachim darauf reagiert hat? Es gab zuerst mal Kaffee und Kuchen. „Hängt ja eh noch an der Reffleine, ist also nicht so dringend.“ war sein kurzer Kommentar dazu.
Danach haben wir das Segel wohl abgeschlagen (es ausgefädelt und herunter genommen) und aus der Segelkammer das auch schon alte, aber immer noch gute, Ersatzsegel herausgesucht. Das haben wir dann auch angeschlagen und die Segellatten zurecht gemacht, dass sie auch wieder hinein passen.
(Die Segelkammer ist übrigens eine Lagerkammer im Steuerbordbug ganz vorne, die von außen zugänglich ist, wo alle Segel drin sind, um sie bei Bedarf schnell zur Hand zu haben.)
Und damit hatte es sich wieder. Was mit dem alten Großsegel passiert ist?
Nach ein paar Überlegungen, ob man es noch einmal nähen sollte, wurde es dann doch zerschnitten – sprich die brauchbaren Teile wie Lattenverschlüsse, Ösen und Bändsel herausgeschnitten – und der Rest in der Kiste am Achterdeck entsorgt. Ein kleines Stück davon ist aber in meine Segeltasche als Andenken gewandert. Und ein neues Groß ist schon bestellt und wird rechtzeitig nach Langkawi (Malaysia) geliefert.

Ein paar Tage später überfliegt uns wieder die „Australian bordercontrol“, wir verlassen die Arafura See und fahren in die TIMOR SEE ein. Das Meer wird wieder tiefer, die Welle ruhiger und wir sind im letzten Abschnitt vor unserem Zielort Kupang auf der Insel Timor in Indonesien, die wir wie ja schon bekannt, nach 21 Tagen auf See und 2.700nm (ca. 5.000km) am Dienstag den 17. September erreichen.
Moon is up vor Kupang.

Am nächsten Morgen am Ankerplatz vor „Teddys Bar“.

„Teddys Bar“ hört sich doch gleich mal gut an. Da wir aber noch nicht offiziell eingereist sind, ist an Land gehen nicht angesagt. Also gabs noch ein Bierchen an Bord in der Nacht.
Am Schiff wird am Morgen dann die gelbe Flagge gesetzt, was soviel heißt, wie dass alle gesund sind. Somit können die Behörden an Bord kommen, um Ihre Formalitäten zu erledigen.
Das tun sie hier aber erst, nachdem man sie aufgesucht hat und schon mal alle möglichen Angaben erhoben worden sind. So teilten und das Renate und Peter vom nebenbei liegenden Schiff MARDOS mit, das auch unter deutscher Flagge unterwegs ist. Die beiden hatten das Prozedere schon hinter sich. DANKE auch nochmal an dieser Stelle für die echt guten Informationen. Also rein ins Dingi und doch an Land. Über das Internet und auch nochmal von Peter bestätigt wissen wir, dass uns dort sogenannte Agenten erwarten, die ihre Dienste anbieten. Nein, nein, nicht die vom Geheimdienst, sondern solche, die sich mit den Behörden und den Einreiseformalitäten auskennen. Und genau so war es. Noch nicht mal an Land, haben auch gleich ein paar Jungs das Dingi an den Strand gezogen und hinauf getragen, dass es vor der einlaufenden Flut geschützt ist.
Eine kurze aber harte Verhandlungsrunde um den Preis und wir hatten einen Agenten namens Jimmy und einen Deal. Wie sich heraus stellte waren seine Kumpel aber die sicherlich weit größere Hilfe in den nächsten Tagen und deren „Anführer“ wiederum war „Rally“.

Joachim fuhr dann mit Jimmy zu den Behörden und ich wartete einstweilen bzw. sollte auf das Dingi achten. Schnell war ich im Gespräch mit Rally und hab auch gleich ein paar Deals für Laundry, Diesel, einkaufen und Internetkarte ausgehandelt. Zuerst aber brauchte ich Bargeld. Das war ganz unproblematisch, da gleich auf der anderen Straßenseite ein Bankomat war. Der piepste zwar ständig, hat aber dann doch ein paar Millionen Rupia raus gerückt.
Kein Schreibfehler, denn 1 EUR sind ca. 15.700.- Rupien. 1 Million Indonesische Rupien sind demnach etwa 63,- EUR. So wurde ich zum Millionär; cool, oder?
Dann sagte mir Rally, dass es zum Telekom Shop nicht weit sei. Erst hatte ich ja Bedenken, weil noch nicht eingereist und ich hatte noch nicht einmal einen Pass bei mir, weil der ja mit Joachim bei den Behörden war. Aber was solls, dachte ich mir und eh ich es mir versah, sass ich auch schon in einem Bemo und wir waren unterwegs in die Stadt hinein.
Bemo? Kleine Busse mit stets offener Türe, die bestimmte Runden in der Stadt fahren, je nach Busfarbe.
Einmal einsteigen = 3.000 IDR also 20 Cent. (Und manchmal sind sie richtig voll.)
Bei der Telkomsel ging alles rasch und unkompliziert und unter Rallys Namen hatte ich nach 15 Minuten eine SIM-Karte mit 37GB für 1 Monat um 205.000.- IDR also 13.- EUR. Rein in ein Bemo und zurück zum Strand. Dort warteten Joachim und Jimmy auch schon und berichteten, dass 5! Personen um 13:00 Uhr aufs Boot kommen würden. Wir müssten sie hier abholen und mit dem Dingi übersetzen, da sie kein eigenes Boot haben. Kein Problem dachten wir, noch nicht wissend, wie die Flut und vor allen Dingen die Welle um die Uhrzeit war.
Soviel sei vorweg genommen: Die Welle war hoch, alle waren nass gespritzt und Joachim fuhr stehend, in einer Hand die Motorpinne und in der anderen Hand die Bugleine haltend wie ein römischer Feldherr auf seinem Streitwagen durch die Wellen. Leider, leider hab ich davon kein Bild gemacht. Es sah aber echt super aus (und nass wurde er trotzdem auch 🙂
Wir hatten also 2 Herren vom Quarantaineamt, 1 Herren vom Zoll und 1 Dame und 1 Herren vom Gesundheitsamt an Bord. Und die waren jetzt richtig, richtig nett, freundlich und zuvorkommend. Wir waren da echt ein wenig überrascht. Aber die Bilder sagen wohl alles.
Hier stehe ich übrigens 2 Stufen tiefer als alle anderen.
Und hier noch eine Anekdote:
Wir hatten wegen des Alkoholverbotes einen guten Teil der Bierdosen unter meiner Matratze versteckt, da die ja sicherlich nicht das Bett zerlegen werden. Und was tat der Zöllner? (dunkle Uniform am linken Bild). Ja klar, er schaute unter meine Matratze. Er drehte sich so halb gebückt zu mir um und sah mich fragend an und ich sagte spontan: „Please, dont tell the Captain. He does not allow alcohol on board.“ Da überlegte er kurz, zwinkerte mir zu und sagte dann ganz leise: „OK. I wont tell him.“
Und dann durften wir die gelbe Flagge herunter nehmen und waren offiziell eingereist. Joachim musste dann zwar nochmal ins Büro, um die Dokumente abzuholen, aber das war´s dann auch.
Wir setzten dann nochmals über und gingen mit Rally in die Stadt, waren aber bald wieder zurück, da der Tag lange gewesen war. Sundown.
